Medizinische Bildbearbeitung

Bessere Daten in der Medizin: Verfahren zur Berechnung, Visualisierung und Analyse medizinischer Bilddaten

"Bilder spielen in der modernen, computergestützten Medizin eine zentrale Rolle in Diagnose und Therapie. Auf dem Lübecker Campus verfolgt Fraunhofer MEVIS das Ziel, die in den Bilddaten enthaltene Information optimal verfügbar zu machen..."

FE&E-Kompetenzen:

Entwicklung und Implementierung von Verfahren zur Unterstützung von Diagnose und Therapie in der bildbasierten Medizin sowie deren Integration in die klinische Praxis.

  • Bündelung und Integration von medizinischer, ingenieurswissenschaftlicher, mathematischer und naturwissenschaftlicher Kompetenz
  • Visualisierung, Interpretation, Analyse und Quantifizierung von komplexen und hochdimensionalen medizinischen Bilddaten für Früherkennung, Diagnose,Therapie und Verlaufskontrolle
  • Segmentierung von Bilddaten für die Identifizierung, Abgrenzung und Quantifizierung von relevanten medizinischen Objekten und Strukturen
  • Registrierung von Bilddaten zur automatisierten Etablierung von Korrespondenzen in unterschiedlichen Bilddaten, z.B. zur Bewegungskorrektur, Verlaufsanalyse und Fusion unterschiedlicher Bildmodalitäten (z.B. CT, MRT, PET, US, CBCT)
  • Patientenindividuelle  Modellierung physiologischer, biologischer und pharmakokinetischer Prozesse zur individualisierten Therapieplanung
  • Entwicklung und qualitätsgesicherte Erstellung von Medizinprodukt-konformer und Hardware-spezifischer Software
    (siehe auch Anhang klinische Nutzenpotentiale)

FE&E-Leistungsprofil:

Prozessübergreifende Entwicklung von Verfahren, Algorithmen und Anwendungsapplikationen für die medizinische Bildverarbeitung und deren Nutzung für Diagnostik, Intervention und Monitoring:

  • Grundlagenorientierte und mathematisch fundierte Entwicklung neuer, spezifischer und problemorientierter Modelle und Lösungen für die medizinische Bildverarbeitung
  • Effiziente und Hardware-nahe Umsetzung neuer wie etablierter Verfahren in Medizinprodukt-konforme Softwarelösungen (u.a. auch für mobile Anwendungen und Cloud-Computing)
  • Management, Analyse und Exploration großer Datenmengen (BigData) u.a. für medizinische Decision Support Systeme
  • samt Unterstützung bildbasierter (auch multizentrischer) klinischer Studien

Leistungsversprechen:

  • Grundlagenorientierte, mathematische und biophysikalische Auftragsforschung
  • Anwendungsorientierte Auftragsforschung und -entwicklung von Algorithmen und Lösungen
  • Effiziente, Hardware-orientierte und Medizinprodukt-konforme Implementierung
  • Integration klinischer Expertise auch im Bereich Workflow und Usability
  • Auftragsforschung, Produktzulieferung, Lizensierung von Lösungen

Erfahrungen, Projektbeispiele:

  • Dreidimensionale deformierbare Bildregistrierung für die echtzeitfähige und präzise Ultraschall-MRT-Fusion in der Gliomchirurgie; Ziel des Projekts ist es, durch neuartige Verfahren der Bildregistrierung erstmals eine präzise und effizient durchführbare Fusion der präoperativen MRTs mit iUS-Daten zu gewährleisten. Dabei tragen die Berücksichtigung von a-priori-Wissen über charakteristische Gruppen anatomischer Strukturen des Gehirns und eine Reduktion der Datenmenge zur Echtzeitfähigkeit und Präzision der Methodik bei. Die erarbeiteten grundlegenden Entwicklungen zur Bildfusion werden retrospektiv an Patientendaten evaluiert. In der Perspektive soll ein hochwertiges intraoperatives Bildgebungssystem entstehen, das in einem breiten Einsatzfeld anwendbar ist.
  • Fusion von nuklearmedizinischen und anatomischen Daten (Industrieprojekt); Ziel des Projektes ist die Entwicklung einer Software-Bibliothek zur automatischen linearen und nichtlinearen Fusion von unterschiedlichen Bildmodalitäten. Die Bibliothek ermöglicht die Fusion von Daten, die aus Einzelgeräten stammen und korrigiert automatisch Lageveränderungen des Patienten. Neben der Effizienten steht die Robustheit des Verfahrens im Vordergrund.
  • Variationelle Bildregistrierung für Hochdurchsatz-Screening (Industrieprojekt) ; Ziel des Projektes ist die Entwicklung einer Softwareösung für den Abgleich von 3DCT-Aufnahmen der Lunge für das Lungenkrebsscreening. Die Software wird in eine klinische Workstation integriert, die für das Screening von Hochrisikopatienten für Lungenkrebs eingesetzt werden soll. Hierzu werden in regelmäßigen Abständen (drei bis sechs Monate) CT-Aufnahmen erzeugt, um Krebs frühzeitig entdecken und ggf. schnell behandeln zu können. Mit Hilfe der Registrierung wird eine Korrespondenz zwischen den Aufnahmen hergestellt, die auch eine automatische Bestimmung von klinisch relevanten Kennzahlen, wie etwa der Volumenverdopplungszeit von Tumoren ermöglicht.
  • Registrierung zur interfraktionellen Adaption der Strahlentherapie am Beispiel von paraspinalen und Kopf-Hals-Tumoren; Das Ziel des Projekts SPARTA ist es, eine Innovation im Bereich der medizinischen IT-Systeme zu erreichen, welche das Potenzial hat, signifikant und nachhaltig zu einer sicheren, hochpräzisen Strahlentherapie beizutragen. Die Prinzipien der bildbasierten intensitätsmodulierten Strahlen- und Teilchentherapie sind bereits fest in der Klinik etabliert, jedoch noch keine adäquaten, klinisch einsetzbaren Softwaresysteme für die effiziente Ausnutzung der insgesamt zur Verfügung stehenden Bildinformation existieren.

Ansprechpartner:

Prof. Dr. Jan Modersitzki
MeVis

für IKP-Projekte:
Dr. Raimund Mildner
E-Mail:
Mobil: 0171 / 5309668

Forschungsprofil

Das Institute of Mathematics and Image Computing (MIC) an der Universität zu Lübeck arbeitet an innovativen, mathematisch exakten Methoden und Verfahren in der Medizinischen Bildverarbeitung, mit einem Fokus auf Bildregistrierung und Bildrekonstruktion. Die erarbeiteten Verfahren werden, unter Berücksichtigung modernster numerischer Ansätze, in prototypische state-of-the-art Software umgesetzt. In enger Kooperation mit der Fraunhofer Projektgruppe werden die entsprechenden Algorithmen im medizinischen Umfeld eingesetzt und auf ihre Praxistauglichkeit getestet.

Viele medizinisch relevante Fragestellungen sind nach dem derzeitigen Stand der Technik nicht lösbar, wie zum Beispiel die Echtzeit-Weichgewebenavigation in der Chirurgie. Wesentlicher Hinderungsgrund sind hierbei das Laufzeitverhalten und die Robustheit der aktuell zur Verfügung stehenden Algorithmen. Es ist das erklärte Ziel von MIC, diese Grenzen durch innovative, theoretisch abgesicherte Algorithmen zu durchbrechen und damit auch, gemeinsam mit Klinikern am Campus Lübeck, ganz neue Anwendungsfelder zu erschließen.

Anhang: Klinische Nutzenpotentiale Medizinischer Bildverarbeitung

Informationen aus medizinischen Bildern gewinnen
Durch Methoden der Bildverarbeitung können aus komplexen medizinischen Bilddaten die für den Arzt relevanten Informationen extrahiert werden. Wir erforschen und entwickeln robuste Algorithmen, um Strukturen zu identifizieren und abzugrenzen (Segmentierung) oder Bildinhalte zu klassifizieren. Um eine kombinierte Auswertung mehrerer Bilder zu ermöglichen, werden bei der Registrierung Bilddaten aus unterschiedlichen Modalitäten (u.a. CT, MRT, PET, Ultraschall, CBCT), mehreren Zeitpunkten oder sogar von verschiedenen Patienten passend und mit hoher anatomischer Präzision überlagert.
Softwaregestützte Quantifizierung kann die Genauigkeit und Zuverlässigkeit medizinischer Diagnosen und Verlaufsbewertungen substanziell verbessern, beispielsweise durch fortgeschrittene volumetrische Methoden (z.B. präzise Größenbestimmung für Therapieplanung oder Verlaufskontrolle) oder Analyse funktioneller Bildgebung (z.B. Perfusion oder Fluss). Darüber hinaus erstellen wir Tools für die quantitative Bewertung der Abbildungsqualität oder die automatische Analyse von whole-slide-digital histopathologischen Bilddaten.

Komplexe Informationen darstellen
Komplexe Zusammenhänge zu erkennen und medizinische Daten zu explorieren wird durch die Entwicklung von Visualisierungen unterstützt, die speziell auf das Informationsbedürfnis des Betrachters im jeweiligen Anwendungskontext zugeschnitten sind. Aus unterschiedlichen bildgebenden Verfahren werden relevante Strukturen und Phänomene extrahiert und fusioniert sowie anatomische und  funktionelle Informationen mit weiteren nicht-bildbezogenen Patientendaten verknüpft.

MR-Bildgebung
Neue und verbesserte Aufnahmetechniken können durch die intensive kooperative Zusammenarbeit von Physikern, Informatikern und Klinikern am eigenen 3-Tesla-Magnetresonanztomographen (MRT) erforscht und entwickelt werden. Einen Schwerpunkt bilden dabei intelligente Bildgebungslösungen zur Bestimmung physiologischer Gewebeeigenschaften, wie beispielsweise Arterial Spin Labeling (ASL) zur kontrastmittelfreien Darstellung des Blutflusses und der Perfusion. Ein weiterer zukunftsweisender Schritt besteht in der engen Verzahnung und wechselseitig kombinierten Optimierung von MR-Bildakquisition und Bildanalyse.

Mehrwert durch numerische Simulation schaffen
Durch die Modellierung biophysikalischer Prozesse können medizinische Bilddaten mit abgeleiteten Informationen angereichert und für eine „Bildgebung jenseits des Auges“ genutzt werden, die eine bessere Vorhersage möglicher Therapieerfolge ermöglicht. Wir verwenden modernste numerische Verfahren wie composite Finite Element Methods (CFE), Mehrgitterlöser und moderne Grafikkartenhardware (GPU), um die beschreibenden nichtlinearen partiellen Differentialgleichungen mit hoher numerischer Effizienz zu lösen. So werden komplexe numerische Modelle für die Planung, Risikobewertung und –minimierung bei Operationen und Interventionen patientenindividuell nutzbar.

Unterstützung interventioneller Verfahren
Moderne Präzisionschirurgie und minimal-invasive interventionelle Verfahren erfordern eine akkurate Planung und Risikoeinschätzung, die durch unsere interaktiven Softwaresysteme unterstützt werden. Während des Eingriffes geben innovative Navigationsmethoden dem Operateur präzise Orientierungshilfen, die beispielsweise in der Weichgewebschirurgie die eingriffsbegleitende Deformation der Zielstrukturen berücksichtigen müssen.